HARTMUT BÜHLER FOTOGRAFIE

HARTMUT BÜHLER FOTOGRAFIE

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Wim Wenders in Düsseldorf

Wim Wenders in Düsseldorf

Wim Wenders – Museum Kunstpalast Düsseldorf
„Ich bin in Düsseldorf geboren, gleich um die Ecke des Museums Kunstpalast, in der Klever Straße. Ich habe als Kind oft im Ehrenhof gespielt, hier habe ich gucken gelernt.“ Im Alter von sieben hat Wim Wenders seine ersten Photos geknipst, mit zwölf stand er in der eigenen Dunkelkammer.
Wenders feierte am 14. August 2015 seinen 70. Geburtstag. Aus diesem Anlass wird der weltweit gefeierte Kinofilm-Regisseur und gebürtige Düsseldorfer im Museum Kunstpalast Düsseldorf mit einer Retrospektive geehrt: die Fotoausstellung 4 REAL & TRUE 2 umfasst 80 Photographien. Das Spektrum reicht von frühen Schwarzweiß-Photographien (40×60 cm auf Baryt) bis zu heutigen 3,8 Meter hohen oder fünf Meter breiten Landschaftspanoramen in Farbe. Es sind Aufnahmen von einsamen, manchmal skurril wirkenden Orten und Landschaften, von „Schau-Plätzen“ mit eigenen Geschichten. Wenders: „Die photographische Arbeit ist die andere Hälfte meines Lebens.“

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Cinemascope Formate: Das frontale Motiv zeigt On the Golan Heights, 2000

Wim Wenders wurde als Sohn des Chirurgen Heinrich Wenders in einem katholisch-konservativen Elternhaus geboren. Das Medium Photographie hat von Anfang an Wenders‘ künstlerisches Schaffen begleitet und ergänzt. Ausgangspunkt für die Verfolgung eines eigenständigen photographischen Werks war die Photoserie „Written in the West“, die während der Vorbereitungen für seines Film PARIS, TEXAS (1984) entstand. 2003 wurde Wenders der Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie verliehen – ausdrücklich für die zweite Passion seines Lebens, die Photographie.
„Als ich zur Schule ging, schrieb man Photographie noch mit ph. Die Fotografie mit f ist die digitale. Für mich ist es die mit ph, weil ich analog und mit Film arbeite, nicht bearbeite und manipuliere.“ Wenders-Images sind käuflich zu erwerben – über die Galerie blainsouthern.com . Die Bilder wurden hergestellt im Fotofachlabor Grieger, Düsseldorf.
Fast immer verzichtet er auf ein Stativ. Seine Kameras: eine Plaubel Makina 67 und eine 12 Zoll Panoramakamera. Ein einmaliges Erlebnis war für Wenders, am 08. November 2001 einen Tag lang dem Fotografen Joel Meyerowitz bei Fotoaufnahmen der Aufräumarbeiten an Ground Zero in New York zu assistieren.
Wenders: „Wenn man viel unterwegs ist, wenn man gern umherstreift, um sich zu verlieren, kann man an den merkwürdigsten Orten landen. Es muss wohl ein eingebauter Radar sein, der mich oft in Gegenden führt, die entweder sonderbar ruhig der auf eine ruhige Art sonderbar sind.“ – „Wir sind umgeben von Möchtegern-Wirklichkeiten. Den meisten Menschen scheint das nichts auszumachen. Mich bringt es um den Verstand.“ – „Jedes Bild ist in der Tat eine Zeitkapsel.“ – „Auf einmal herrscht hier großartige Würde! … Häuser stehen da und schauen in die Kamera, wie uralte Menschen, die nach einem Leben voller Arbeiten und Entbehrungen zum ersten Mal photographiert werden. …“ – „Was mich an einer Photographie interessiert ist einzig und allein, dass sie mir etwas zeigt, was es gibt, dass ich in ihr nicht mehr und nicht weniger sehe als: `Das gibt es also!`“ – „Seit ich denken kann, reise ich mit einer Kamera im Handgepäck herum.“
(Zitate entnommen WIM WENDERS LANDSCHAFTEN. PHOTOGRAPHIEN 4 REAL & TRUE 2, Katalog Museum Kunstpalast, Verlag Schirmer / Mosel. Im 352 Seiten starken Katalog zu lesen: siebzehn Seiten Wenders Gedanken über Photographie und Wirklichkeit – er setzt auf analoge Bilder gegen virtuelle Beliebigkeit)

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Motive im Cinemascope Formate

„Was ich mit Macht werden wollte, war Maler. Und wenn mich Bilder wirklich beeindruckt und beeinflusst haben, dann waren das Vermeer und Rembrandt, holländische Landschaftsmaler, später Klee, Kandinsky und Beckmann, noch später Edward Hopper und andere. Als der Filmemacher, der ich dann auf Umwegen geworden bin, und schließlich auch als Fotograf verdanke ich der Geschichte der Malerei unendlich viel mehr als der Filmgeschichte und auch der Photogeschichte. Vielleicht will ich deswegen mit meinen Bildern etwas bewirken, was eigentlich in der Malerei seinen Anfang genommen hat.“ (Zitat aus: Wim Wenders, A Sense of Flace. Texte und Interviews. Hrsg. Von Daniel Bickermann, Verlag der Autoren, Frankfurt/Main 2005, S. 36)
“ … man kann … eine Kamera auch wie ein Aufnahmegerät benutzen, welches nicht unbedingt nur Töne aufnimmt, sondern aufzeichnet, was der Ort zu sagen hat. Im Photo erzählt er seine Geschichte, im zweifachen Sinne des Wortes, als Historie und als Fiktion.“ (Zitat aus: Wim Wenders, A Sense of Flace. Texte und Interviews. Hrsg. Von Daniel Bickermann, Frankfurt/Main 2005, S. 36)
„Eine Kamera sieht nach vorne hin ihr Objekt, und sie sieht nach hinten hin den Grund, warum dieses Objekt festgehalten werden sollte. Sie zeigt gleichzeitig die Dinge und den Wunsch nach ihnen.“ (Zitat aus „On the Road“, Neue Zürcher Zeitung FOLIO 2006)

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Die Motive zeigen die Elbe bei Dömitz, 2014 und eine Landschaft bei Wittenberg, 2014

Warum fotografieren Sie kaum Menschen? – „Sobald ein Mensch in einem Bild auftaucht, zieht er die Aufmerksamkeit des Betrachters unvermeidlich auf sich. Da kann man als Fotograf machen, was man will. Beim Filmemachen habe ich es ohnehin schon mit Menschen zu tun. … In der Fotografie kann ich dafür den Orten die ganze Bühne überlassen. Menschen sollen schon vorkommen. Bloss nicht direkt. In meinen Landschaftsbildern sieht man überall ihre Spuren: was Menschen in der Landschaft hinterlassen haben. … Ich finde es oft viel interessanter, dass man sich die Menschen vorstellen muss oder darf oder kann. … Ich bin mit Begeisterung ein Fotograf von Orten. Die lassen einem viele Freiheiten, als Fotograf wie als Betrachter. Sie zwingen einem nichts auf, weder eine Interpretation noch ihre Schokoladenseite. … Ja, Orte erzählen Geschichten.“ (Zitat aus „On the Road“, Neue Zürcher Zeitung FOLIO 2006)
„Das Fotografieren lehrt einen, dass nicht nur alle Menschen, sondern auch alle Orte gleich sind, dass dieser Planet Erde nicht uns gehört, sondern wir ihm. Alle Fotografen, die ich kenne und schätze, sind übrigens ausgesprochen friedliebende, menschenfreundliche und erstaunlich bescheidene Gestalten.“ (Zitat aus „On the Road“, Neue Zürcher Zeitung FOLIO 2006)
„Ich habe die Theorie, dass in jedem Foto, auch in jedem Film, sein Gegenschuss enthalten ist. Wenn man Bilder macht, bildet man sich auch selbst damit ab. Auch mich kann man an meinen Bildern durchaus erkennen. Dafür braucht es kein Porträt und keinen Film über (kursiv) mich… … In einer freundlichen Erinnerung zu bleiben – das ist es, was ich mir erhoffe.“ (Zitat entnommen Bettina Flitners Buch „Das Prinzip Apfelbaum“, 11 Persönlichkeiten zur Frage „Was bleibt“. Vergangenheitsverlag Berlin, 2015)
„Wim sieht die Welt, die Orte, die Landschaften nicht nur mit seinen Augen, sondern er hört sie auch.“ Donata Wenders, Fotografin
Apropos Wenders und das Ruhrgebiet: die Verbindung ist eine tiefe – Jugendjahre verbrachte er in Oberhausen. Und Schauplätze für den Dokumentarfilm „Pina“ über die Choreographin Pina Bausch sind die Halde Haniel bei Bottrop und Wuppertal. Dort entstand 2010 Wenders poetische Fotoserie „Deep in the Railroad Tunnel“ mit Bildern brasilianischer Graffiti-Künstler. Sie entstanden ausnahmsweise mit Stativ und Taschenlampe. Zu sehen ebenfalls im Museum Kunstpalast Düsseldorf.
Die Wenders Photographien hängen bis 16. August 2015 im Museum Kunstpalast in Düsseldorf.

Museum Kunstpalast / Wim Wenders. Landschaften. Fotografien.

Text & Ausstellungsfotos: Hartmut Bühler (DGPh)

Weiterführende Links:

http://www.smkp.de/ausstellungen/aktuell/wim-wenders.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Wim_Wenders
http://www.wim-wenders.com/
http://www.zeit.de/2003/41/Traum_2fWenders
http://folio.nzz.ch/2006/dezember/road
http://www.cicero.de/node/59051
http://www.monopol-magazin.de/artikel/20109860/Interview-mit-Wim-Wenders-ueber-Fotografie.html