Im Studio der Sinne des Fotokünstlers Jürgen Klauke
„Gedankenbilder des Unsichtbaren und Unaussprechlichen“
… „Jürgen Klauke gehört zu den wenigen Künstlern, die in der Lage sind, die „condition humaine“ zum Thema zu machen, ohne in gestisch expressiven Aktionismus zu verfallen. Auf der Suche nach neuen, unverbrauchten Bildern stieß er auf die andersartige Ästhetik des digitalen Bildes, die er sich künstlerisch zu eigen machte. …, weisen Klauke als einen Künstler aus, der die komplexen Manipulationsmöglichkeiten zeitgenössischer Fototechnik perfekt auszuschöpfen versteht.“ … (Hans-Michael Herzog über Jürgen Klaukes „PROSECURITAS“ und DEN TOD BEWEGEN UND DAS LEBEN GEFRIEREN – DAS INNENLEBEN DER DINGE“; Kunsthalle Bielefeld, 1994)
… „Dieses Thema, die Krise des Bildes und die Krise der Repräsentation in Bezug auf den Körper, hat Klauke in den frühen 70er Jahren mit einer derartigen Wucht als Thema etabliert, daß das Echo dieser frühen Arbeiten noch im Werk von Matthew Barney wahrzunehmen ist. Vielleicht am deutlichsten von allen seinen Zeitgenossen hat Klauke die Krise des Körpers als Krise der Repräsentation erkannt. Noch konsequenter als Katharina Sieverding, Urs Lüthi, Annette Messager oder Paul McCarthy enthüllt er die sexuelle Differenz als gesetztes Zeichenkonstrukt.“ … (Peter Weibel über Klaukes Kunst zwischen subversiver Körperpolitik und performativen Akten, Jürgen Klauke – Absolute Windstille; Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 2001)
… „Im Gegensatz zu Cindy Sherman, deren schwarzweiße Film Stills ein wenig später, 1978–1980, entstanden, schlüpfte Klauke nicht in stereotype Rollen, im Gegenteil: Er unterlief gesellschaftlich vorgegebene Rollen systematisch, vor allem durch die Verschränkung von Weiblich und Männlich in einer Figur. Er spricht von seiner »lustvolle(n) Aneignung des Weiblichen oder des Anderen, damit Infragestellung des ›ewig Männlichen‹ genauso wie des ›ewig Weiblichen‹. Also Brechung der tradierten, beschränkten Vorstellungswelten, wie was zu sein hat.« …
»Mir ging es«, so Klauke, »nie um Fotografie, mir ging es ums Bild.« Es ist nicht die Fotografie, es ist die inszenierte Figur, die das Bild ausmacht.“ … „Tatsache ist, daß Jürgen Klauke nicht nur zu denen gehört, die der Fotografie zur Eigenständigkeit in der bildenden Kunst verholfen haben, er ist zugleich derjenige, der in seinem Werk zuerst und am radikalsten die allgemein erst in der Kunst der 90er Jahre aufgekommene Frage nach dem Geschlecht, dem Körper, der Identität gestellt hat.“ … (Uwe M. Schneede in Körper, Figur, Bild über Jks fotografisches Werk)
… „Und hier kommt nun ein besonderes, auf verschiedenen Ebenen entscheidendes Phänomen Klaukes zum Einsatz: sein Gesicht. … Dennoch gelingt es dem zuweilen forsch, dann gefaßt, plötzlich überrumpelt, dann wieder sicher dreinschauenden Künstler, die Funktion seines Gesichtsausdruckes als zweite Ebene nicht zu gefährden. In einer sehr bekannten Arbeit demonstriert er etwa, daß schon zwei verschiedene Gesichtsausdrücke, mit einer Personenbezeichnung verbunden, sehr viele unterschiedliche plausible Rollen ergeben (Das menschliche Antlitz im Spiegel soziologisch-nervöser Prozesse, 1976/77). Doch später ist das Verhältnis des Gesichtsausdruckes oder eines ausdruckslosen Gesichtes zur übrigen Inszenierung komplizierter – es bleibt die Funktion einer zweiten Ebene. … Das Gesicht ist also im doppelten Sinne kein kreatürlich-natürliches Element: Es repräsentiert nicht die Instanz, die »Ich« sagt oder autonome Entscheidungen trifft, denn das wäre ja gerade diejenige Instanz, die die Rolle oder die Versuchsanordnung vorgibt, der abgespaltene Drehbuchschreiberteil des Künstlers. Es repräsentiert aber auch nicht eine schauspielerische Aktivität im landläufigen Sinne, bei der sich ein ›Gesichtsbesitzer‹ und ›Körperverfüger‹ kraft eigener Fähigkeiten in den Dienst einer heteronomen Sache stellen, denn Künstler und Darsteller sind ja derselbe Jürgen Klauke.“ … Dietrich Diederichsen: Permanenz der Projekte, Selbstdarstellbarkeit und Transformierbarkeit – Absolute Windstille in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 2001)
… „Es sind fotografische Bilder von bezwingender Gewalt und atemberaubender Präzision zugleich.“ … Das Spektrum der Fotografie – in der Ausstellung „Absolute Windstille“ von Jürgen Klauke in der Hamburger Kunsthalle von 2002 wird es wirklich zum Ereignis (Prof. em. für Theorie der Fotografie Klaus Honnef)
Zitate entnommen → juergenklauke.de/main/texte.html#
Es war für Christoph Kniel (Fotograf aus Essen und bei diesem Termin Assistent und Digital Operator) und mich ein Privileg, den singulären Fotokünstler Jürgen Klauke (76) in seinem Studio der Sinne in Köln portraitiert zu haben. – Übrigens: Klauke, Klaucke (1546 Klaucka) ist eine Koseform von Nikolaus: … von niederdeutsch ,der Kluge‘ abgeleitet.